Zukunftsangst – wie zeigt sie sich und welche Auswirkungen hat sie? (1/6)

Haben Sie Angst um Ihre Zukunft, um Ihre Kinder, um Ihre Privilegien oder um Ihre Einflussmöglichkeiten? 

Angst hat tatsächlich viele Gesichter und die Angst um die Zukunft ist definitiv anders als die Angst vor dem Verlust von Privilegien, die man sich im Arbeitskontext als Führungskraft bspw. erarbeitet hat. Oder Angst davor, weniger Einfluss nehmen zu können. Zukunftsangst ist existenziell! Sie zeigt sich oft in Form von schlaflosen Nächten und einer manchmal undefinierbaren Angst vor der Angst.

Diese Differenzierung ist wichtig und extrem hilfreich, um trotz der aufreibenden externen Einflüsse unserer Zeit, persönliche Zuversicht für das Morgen schaffen zu können. Möglich ist diese Differenzierung aufgrund der Forschungsarbeit von Prof. Dr. Steven Reiss, Ohio in den 1990ziger Jahren.   

Sein seit Anfang der 2000er Jahre in Deutschland eingeführter und mittlerweile auch bestätigter Ansatz geht davon aus, dass Zukunftsangst in den Menschen als Persönlichkeitsmerkmal angelegt ist. Wer dieses Persönlichkeitsmerkmal in sich trägt wirkt besorgt, vorsichtig, ängstlich und wird alles tun, Risiken zu vermeiden. Das kann diese Persönlichkeit nicht einfach wegmachen oder weg coachen lassen. Dieser Teil der Persönlichkeit lässt sich auch nicht wegerziehen oder wegdiskutieren. Es lässt sich aber ein guter Umgang damit finden.   

Nach den Reiss´schen Erkenntnissen tragen 20% der Menschen diese existenzielle Angst in sich.
Davon Betroffene fragen sich oft: „Wie schaffe ich für mich / für uns eine emotional sichere Zukunft?“. Sie denken in Szenarien, immer und immer wieder, um die sicherste Alternative wählen zu können. Mit einem von Reiss entwickelten Ansatz, der die Grundlage für inzwischen diverse Analysetools ist, können wir das messen. Seine Arbeit wurde von europäischen Forschern in 2017 bestätigt.  

Ein starkes Bedürfnis nach Sicherheit ist weder krankhaft noch grundsätzlich schädlich. Es ist allerdings ein NO-GO im Management, weshalb nicht viel darüber gesprochen wird. Es bewirkt trotzdem ein auffallendes Verhalten und damit auf andere störend oder „irgendwie immer“ pessimistisch. Risikoaffine Persönlichkeiten reagieren darauf nicht selten mit Unverständnis oder Ignoranz. Das wiederrum verstärkt die Zukunftsangst der Betroffenen und sie agieren noch extremer. Damit ergibt sich ein Kreislauf, der sich eigentlich gut lösen lassen würde. Den Nutzen erkläre ich im Laufe dieser Serie. 

Die körperlichen Reaktionen auf eine akute tatsächliche Gefahr haben die meisten sicherlich schon mal erlebt. Nehmen wir folgendes Beispiel: Sie sehen und hören ein Auto auf der eigenen Spur mit hoher Geschwindigkeit auf sich zu fahren – der Puls rast, die Knie werden weich, die Hände krampfen und das Herz schlägt bis zum Hals, in Bruchteilen von Sekunden bricht der Schweiß aus. Aber, nach kurzer Zeit ist alles wieder normal. 

Die Angst vor der Angst zeigt sich mit den gleichen körperlichen Reaktionen. Nehmen wir den intern angekündigten Arbeitsplatzwechsel. Ein gefühlt potenzielles Risiko, das also eintreten könnte, löst allein schon durch den Gedanken daran die gleichen Reaktionen aus: Der Puls rast, das Herz schlägt bis zum Hals, die Kehle schnürt sich zu, der Kopf ist leer und man ist wie versteinert, flüchtig oder angriffs“lustig“.

Zwei Beispiele aus dem Arbeitsleben der heutigen Zeit

  • Das absolute Einhalten und fordernde Einhalten der Pandemiemaßnahmen bis zur Arbeits-verweigerung, weil Kollegen oder Kunden es nicht tun.  
  • Das bedingungslose Abschirmen und auf Abstandhalten von Kollegen, obwohl man vorher ganz anders mit diesen umgangen ist, ist ebenfalls ein Ausdruck des Bedürfnisses.

Das Beispiel aus dem Privatleben 

  • Der Verzicht auf jegliche Kontakte außerhalb der eigenen vier Wände. 

Unsere Zukunft, die aktuell dabei ist, sich ungeplant (Covid19), radikal (Digitalisierung) und zerstörerisch (Klima, Kriege) zu verändern, wird immer komplexer in den Auswirkungen für jeden Einzelnen. Sie wird für immer mehr Menschen unsicherer und bedrohlicher. Das macht „Zukunft“ zu dem Kontext, über den wir im Alltag miteinander sprechen müssen!   

Es gibt viel weniger Ideen, Szenarien, Vorstellungen für die aktive Gestaltung des Lebens. Es wird wohl nicht mehr so funktionieren, wie wir es bisher kennen. Dabei ist es unerheblich, wie der Einzelne es machen würde. Allein die Bewertung der Zukunft ist wichtig, denn das hat Einfluss auf das eigene Handeln. Die Persönlichkeit ist nach den Erkenntnissen der modernen Forschung relativ zeit- und situationsstabil. Sie ist nicht anpassbar an alle Bedingungen.  

In der aktuellen Vorausschau zeichnet sich ab, dass die schlaflosen Nächte und eine Angst vor der Angst in der Gesellschaft zunehmen werden.

Die (allermeisten) Menschen können sich nicht von jetzt auf gleich neuen Rahmenbedingungen anpassen bzw. haben es erst einmal schwer, einen persönlich sinnstiftenden Umgang damit zu finden. Das hat wenig mit einem rationalen Nutzen zu tun. Hier muss unbedingt eine Lösung her.

Wenn Sie diesen Ansatz interessant finden und mehr erfahren wollen, nehmen Sie gerne Kontakt mit mir auf.